Ägypten: Die Schweiz vereint ihre Kräfte für eine nachhaltige Wirkung.
Seit 45 Jahren pflegen die Schweiz und Ägypten eine solide und sich stetig weiterentwickelnde Partnerschaft. Das Kooperationsprogramm 2025–2028 markiert eine neue Etappe in ihren bilateralen Beziehungen. Luca Etter, Leiter der schweizerischen internationalen Zusammenarbeit in Kairo, erläutert in einem Interview die Grundzüge des Programms.

Mit einer rasanten Urbanisierung, einer Bevölkerung von über 110 Millionen Menschen – von denen rund 35 Millionen in Armut leben – sowie einem regionalen Umfeld, das von erheblichen Spannungen geprägt ist, steht Ägypten vor zahlreichen Herausforderungen. Zugleich verfügt das Land über bedeutende Potenziale, um seine Resilienz zu stärken und seine Entwicklungsziele voranzutreiben.
Angesichts dieser Herausforderungen bringt die Schweiz, ein verlässlicher, agiler und offen für Wandel bleibender Partner, weiterhin einen wesentlichen Mehrwert ein. Die langjährige Partnerschaft zwischen der Schweiz und Ägypten wurde soeben erneuert mit einem neuen Kooperationsprogramm für 2025-2028. Der Leiter des Kooperationsbüros an der Schweizer Botschaft in Kairo, Luca Etter, erläutert uns die Prioritäten des neuen Programms und betont, wie die Synergien zwischen der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Staatssekretariat für Migration (SEM) diese Partnerschaft weiter stärken.
Die Schweiz hat soeben ein neues Kooperationsprogramm für den Zeitraum 2025–2028 lanciert. Kannst du uns etwas über die Prioritäten des Programms sagen? Was wird fortgesetzt, was ist neu im Vergleich zum vorherigen Programm?
Die Schweiz fokussiert sich auf drei prioritäre Themen, bei denen die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung, die Interessen der Schweiz und Mehrwert der Schweizer Internationalen Zusammenarbeit (IZA) zusammenlaufen.
Erstens konzentrieren wir uns auf die Flüchtlinge aus den benachbarten Ländern sowie die einheimische Bevölkerung, die in Armut lebt, insbesondere die Frauen. Wir arbeiten nach einem Ansatz, der humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit kombiniert. Wir unterstützen die sofortige Bereitstellung von Basisdienstleistungen wie Essens- und Gesundheitsversorgung (inkl. psychische Gesundheit) und stärken längerfristig die individuellen beruflichen oder unternehmerischen Fähigkeiten. Dabei liegt unser Fokus auf dem Süden des Landes, wo besonders viele sudanesische Flüchtlinge ankommen.
Zweitens stärken wir mit unserer wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit KMUs, insbesondere im Landwirtschaftssektor und in der grünen Industrie. Auch bringt die Schweiz ihre Expertise im Bereich der Städteentwicklung ein. Die ägyptischen Städte wachsen enorm schnell, weshalb eine intelligente Stadtentwicklung grosse Auswirkungen auf die Lebensqualität hat.
Drittens engagieren wir uns als einer der einzigen westlichen Geber vor Ort für eine gute Regierungsführung inklusive Menschenrechte. Zur Gouvernanz gehört aber auch die wirtschaftliche Regierungsführung. Gerade in den Bereichen Haushaltseinnahmen, Schuldenmanagement und fiskale Transparenz kann die Schweiz unter schwierigen Bedingungen gute und wichtige Resultate erzielen.

Das Programm wird vom Kooperationsbüro in der Botschaft in Kairo durchgeführt, das auch die Aktivitäten der DEZA, des SECO und des SEM koordiniert. Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Bundesämtern und was ist ihr Mehrwert?
Die Themen, an denen wir arbeiten, erfordern ein hohes Mass an Fachwissen, um dieses Programm umzusetzen. Wir können die Expertise verschiedener Ämter nutzen und das ist ein grosser Vorteil. Diese Synergien sind ein Qualitätsmerkmal der schweizerischen Internationalen Zusammenarbeit vor Ort und verleihen uns besondere Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit.
Diese Zusammenarbeit führte insbesondere zwei Wochen nach dem Start unseres Kooperationsprogramms zur Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding mit Ägypten zum Thema Migration und trug damit zur Verwirklichung politischer Ziele im Interesse der Schweiz bei.
Ein weiteres Beispiel: Im wirtschaftlichen Bereich wurde Anfang des Jahres eine gemeinsame Wirtschaftskommission Schweiz–Ägypten gegründet, um neue Märkte für Schweizer Unternehmen zu erschliessen. Ägypten bietet insbesondere im Bereich der grünen Wirtschaft und der erneuerbaren Energien grosses Potenzial sowie Schnittstellen zwischen IZA und Handelsförderung, die wir in Zukunft sicher noch stärker nutzen können.
Die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ägypten ist vielfältig und hat sich laufend weiterentwickelt
Ägypten befindet sich in einer Region, die von grossen Spannungen und Konflikten geprägt ist. Welche Rolle spielt das Land für die regionale Stabilität? Und wie kann die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit Ägypten dabei unterstützen?
Wenn wir uns vor Augen halten, an welche Länder Ägypten grenzt, wird uns bewusst, wie wichtig es ist, dass das Land stabil bleibt. Die äusserst fragile Lage im Nordosten des Landes (Gaza) und der Konflikt im Süden (Sudan) haben direkte Auswirkungen auf Ägypten. Seit dem Ausbruch des Konflikts sind über eine Million Menschen aus dem Sudan nach Ägypten geflüchtet.
Die Bedürfnisse sind enorm: Ägypten erhält gemäss UNHCR am zweitmeisten Asylgesuche weltweit. Die Zahl der Flüchtlinge hat sich seit dem Ausbruch des Kriegs im Sudan verdreifacht. Sowohl die DEZA als auch das SEM unterstützen die Betreuung von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen in Ägypten: einerseits durch direkte finanzielle und personelle Unterstützung an das UNHCR und andererseits durch die Unterstützung lokaler Organisationen, um ihnen den Zugang zu Bildung, Rechtsberatung und Gesundheit, insbesondere im Bereich der psychischen Gesundheit, zu ermöglichen. Diese Unterstützung kommt auch den ägyptischen Aufnahmegemeinschaften zugute, weil Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchtete in Ägypten nicht in Flüchtlingslagern untergebracht sind, sondern inmitten der lokalen Bevölkerung leben und arbeiten. Indem sie Expertise, Verlässlichkeit und Engagement vereint, bekräftigt die Schweiz ihre Rolle als innovativer Partner und leistet einen bedeutenden Mehrwert für eine nachhaltige und inklusive Wirkung.
Links
Dokumente
Kontakt
Eichenweg 5
3003 Bern