Haiti: Präventionsmassnahmen, um sich besser für den Klimawandel zu wappnen
In der Hauptstadt Haitis herrscht Gewalt. Hinzu kommen die Naturgefahren, denen fast die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist. Der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich. Die DEZA hat im Departement Sud-Est mehrere langjährige Projekte zur Verringerung des Katastrophenrisikos durchgeführt. Abgeschlossen wurden sie Ende 2023. An diesen Projekten wirkten Gemeinden, lokale Organisationen und nationale Institutionen mit. Eine Bilanz.

Jacmel, Cayes-Jacmel und La Vallée de Jacmel sind drei Gemeinden im Departement Sud-Est in Haiti. Aufgrund der Topographie – Berglandschaft mit steilen Hängen – ist die Bevölkerung dieser Gemeinden verschiedenen Naturgefahren wie Hurrikanen, Dürren und Erdrutschen ausgesetzt. Die DEZA hat dort mit dem Fachwissen des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) eine Direktaktion durchgeführt.
Kartierung und Sensibilisierungsmodelle
Während der Pilotphase (2014–2016) stand die Ausbildung von nationalen Fachleuten und die Erstellung von Risikokarten im Vordergrund. Dabei nutzte die DEZA wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die Erfahrungen und das Know-how der lokalen Bevölkerung. Das Verständnis und die Analyse der Risiken wurden durch die gemeinsam erstellten Karten erleichtert. Die Gefahren wurden zudem in Modellen aus Pappmaschee dreidimensional dargestellt.

Die DEZA hat auch die Schulen einbezogen. Rund vierzig Lehrerinnen und Lehrer an vier Schulen in der Gemeinde Jacmel haben das Katastrophenrisikomanagement in ihre Lehrpläne aufgenommen. Mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler haben gelernt, wie sie sich im Katastrophenfall verhalten sollen und worauf sie besonders achten müssen.
Zusammenarbeit auf allen Ebenen
Ziel dieser Direktaktion war es, die Kapazitäten und die lokale Gouvernanz im Bereich des Risikomanagements zu stärken. Folglich war sie Teil der übrigen Aktivitäten der DEZA zur Förderung der lokalen Gouvernanz in Haiti. Die Fachleute des SKH haben mit lokalen Gemeinden und Organisationen, Stadtverwaltungen und den zuständigen Ministerien zusammengearbeitet. Sie haben Dutzende von Schulungen für alle Akteure im Bereich Risiko- und Katastrophenmanagement durchgeführt.
Die drei Gemeinden Jacmel, Cayes-Jacmel und Vallée de Jacmel verfügen neu über ein Baumanagement-Tool, das die Naturgefahren mitberücksichtigt. Zudem haben sie ein neues Baubewilligungsverfahren ausgearbeitet, das den damit verbundenen Risiken Rechnung trägt. Die DEZA hat mit ihrer Direktaktion auch die lokalen Zivilschutzorganisationen unterstützt, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Alarmanlagen. Sie half ihnen bei der Ausarbeitung eines Katastrophenplans, der im Rahmen von Notfallübungen getestet wurde.
Schutzbauten mit lokalen Ressourcen
2018 richtete die DEZA in Jacmel ein Projektbüro ein, in dem bis zu zwanzig Personen arbeiteten, darunter haitianische Fachkräfte und mehrere SKH-Mitglieder. Das Büro koordinierte die Erstellung von Schutzbauten. Die Projekte boten den Partnern Gelegenheit, die in den Schulungen erlernten Grundsätze des Risikomanagements praktisch anzuwenden.
So hat ein Steuerungsausschuss in der Gemeinde Cayes-Jacmal die Arbeiten und die Aufgabenverteilung für den Bau eines Schutzdamms geplant, der die Häuser im unteren Teil des Hanges vor Steinschlag schützt. In der Gemeinde Jacmel wurde entlang eines Flusses eine Mauer aus Metallgeflecht und Steinen (Gabionen) errichtet, um Überschwemmungen zu verhindern, namentlich das Wegspülen von Schulen und Häusern bei sintflutartigen Regenfällen.
Bei der Direktaktion der DEZA kam auch die Biotechnologie zum Einsatz. Die Gemeinden achteten bei den Schutzbauten gegen Erosions- und Hochwassergefahren auf die richtige Stein- und Pflanzenauswahl. In der Gemeinde La Vallée de Jacmel wurden die von Erdrutschen bedrohten landwirtschaftlichen Flächen durch Trockenmauern, Mikroterrassen, Schwellen aus Lehm oder Anpflanzungen stabilisiert. Die Massnahmen haben sich bewährt und das Interesse weiterer Bauern geweckt. Schliesslich profitierten fast 700 Personen davon. Die Schutzbauten erstreckten sich über eine Fläche von insgesamt 150 Hektaren, was 150 Fussballfeldern entspricht.

Auswirkungen der Instabilität
Jacmel ist eine abgelegene Gemeinde und folglich kaum betroffen von der Gewalt, die seit mehreren Jahren in der Hauptstadt Port-au-Prince und den umliegenden Gemeinden herrscht. Die politische Lage und die Unsicherheit haben jedoch auch Auswirkungen auf die
Direktaktion der DEZA. Die Gemeinden erhalten das jährlich budgetierte Geld nur noch nach und nach. Einige weisen Lohnrückstände von bis zu 40 Monaten auf. In der Folge sind viele Aussenstellen der Ministerien personell nicht mehr besetzt, da sich die Mitarbeitenden anderweitig Arbeit suchen mussten.
Dennoch ist es der DEZA gelungen, bei ihrer Direktaktion von den ausgezeichneten Kenntnissen der haitianischen Fachkräfte zu profitieren, insbesondere der Stadtingenieurinnen und -ingenieure und der lokalen Handwerkerinnen und Handwerker. Die DEZA berücksichtigte bei all ihren Aktivitäten Genderaspekte – von der Leitung des DEZA-Büros bis zur Umsetzung im Feld. Sie sorgte für eine gerechte Verteilung der Stellen zwischen Frauen und Männern und bot spezielle Genderschulungen an. Im Rahmen von Treffen auf den Baustellen schärfte sie das Bewusstsein für Gleichstellungsfragen. Das Projekt zur Verminderung des Katastrophenrisikos in der Gemeinde Jacmel bildet eine sehr gute Grundlage für zukünftige Direktaktionen in Haiti.
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