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MitteilungVeröffentlicht am 10. Juli 2025

Überschwemmungen in Armenien: Schadenanalyse für eine bessere Vorbereitung auf künftige Herausforderungen

Im Mai 2024 wurde der Norden Armeniens von aussergewöhnlich heftigen Überschwemmungen heimgesucht, die mehrere Todesopfer forderten und erhebliche Schäden an der Infrastruktur anrichteten. Angesichts der Notlage entsandte die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ein Team von Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Umweltexpertinnen und ‑experten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) für eine vertiefte technische Evaluation nach Armenien.

Schweizer Fachleute stehen vor einer zerstörten Brücke.

Die Evaluation brachte mehrere Erkenntnisse. Zum einen lag die Durchflussmenge an mehreren Stellen deutlich über den beim Bau der Infrastrukturanlagen geplanten Kapazitäten. Zum anderen hatte sich die hydraulische Situation aufgrund von neueren Sanierungs- und Ausbauarbeiten – vor allem im Strassenbau – verschlechtert. Ausserdem hatte die unzureichende Behebung (und Prävention) lokaler Erosionserscheinungen im Bereich der Brücken zur Beschädigung und zum Einsturz zahlreicher Brücken geführt. Aufgrund dieser Feststellungen empfahlen die Fachleute, vor dem Wiederaufbau unbedingt zuerst die hydraulischen Grundlagen zu definieren. Zur Unterstützung der Sanierung und zur Stärkung der Resilienz der betroffenen Regionen wurden drei Schwerpunkte identifiziert: gründliche Analyse der Katastrophe, um deren Ursachen besser zu verstehen und die entsprechenden Lehren daraus zu ziehen, Verbesserung der technischen Kapazitäten vor Ort durch gezielte Schulungen sowie Planung von Fussgängerbrücken, die für die Mobilität der Bevölkerung und den Gütertransport unerlässlich sind, bis die Strassenbrücken wieder aufgebaut sind.

Die Bauingenieure und SKH-Mitglieder Andreas Galmarini und Matthias Ludin, die unmittelbar nach den Überschwemmungen mit einem Soforteinsatzteam nach Armenien entsandt wurden, erstellten Pläne für drei Fussgängerbrücken in Saratovka, Alaverdi und Ayrum. Sie konnten von den Erfahrungen früherer Einsätze profitieren und entwarfen hochwassersichere Brücken, die internationalen technischen Standards genügen. Nach mehreren Gesprächen mit lokalen Akteuren übergab die DEZA die Pläne den armenischen Behörden zur Umsetzung.

Armenische Ingenieurinnen arbeiten während eines Workshops in einem Raum.

Des Weiteren organisierte die DEZA Kurse in Wasserbau und Planung resilienter Infrastrukturen für Ingenieurinnen und Ingenieure des Strassenbauamts, des Zivilschutzes, der nationalen Wasserbehörde sowie von Universitäten. Die SKH-Mitglieder Lukas Hunzinger und Ali Neumann, die die Ausbildung leiteten, vermittelten praxisnahes, auf die lokalen Verhältnisse zugeschnittenes Wissen. Damit halfen sie mit, die Qualität der geplanten Bauwerke zu verbessern und das Thema Resilienz bei der Planung von Flussbauten (Brückenpfeiler und ‑widerlager, Uferschutz) einzubeziehen.

Christoph Lehmann, ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundesamts für Umwelt (BAFU), analysierte die Katastrophe in Zusammenarbeit mit der Nationalen Akademie für Krisenmanagement, dem staatlichen Dienst für Hydrometeorologie und Monitoring sowie den lokalen Behörden. Die Studie untersuchte die klimatischen, hydrologischen und hydraulischen Bedingungen der Überschwemmungen sowie das Katastrophenmanagement. Sie erlaubte es, konkrete Empfehlungen in den Bereichen Risikomanagement, Frühwarnsysteme und Raumplanung zu formulieren. Die Ergebnisse der Studie wurden den technischen und wissenschaftlichen Institutionen auf nationaler und lokaler Ebene breit zugänglich gemacht. Ziel war es, eine bessere Vorbereitung auf künftige Katastrophen zu ermöglichen. Die Ergebnisse berücksichtigen die Kriterien Nachhaltigkeit und Kompetenztransfer und tragen zur Verbesserung der lokalen Gouvernanz und der Qualität künftiger Infrastrukturbauten bei.

Technische Pläne für den Wiederaufbau der Brücken.

Die DEZA zeigte auch in Armenien, dass sie bei ihrer humanitären Hilfe auf Kapazitätsaufbau, technische Innovation und gründliche Risikoanalysen setzt. Dank der Expertise der SKH-Mitglieder und des BAFU sowie der Zusammenarbeit mit armenischen Partnern konnte sie eine Nothilfeleistung zu einem Hebel für nachhaltige Entwicklung und Katastrophenvorsorge machen. Durch diesen proaktiven Ansatz können die in Armenien gewonnenen Erkenntnisse auch bei anderen Einsätzen in ähnlichen Kontexten genutzt werden, in denen Präventionsmassnahmen und der Aufbau lokaler Kapazitäten entscheidend dazu beitragen können, die Anfälligkeit gegenüber Naturgefahren zu verringern.

Die Erfahrungen in Armenien zeigen, wie wichtig schnelle und zugleich umsichtige Hilfe ist, die sich nicht auf eine unmittelbare Notlage beschränkt, sondern auch die Themen Risikomanagement und nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Da bei diesem Projekt die Erkenntnisse der nach der Katastrophe durchgeführten Analyse einbezogen und konkrete Massnahmen ergriffen wurden, konnte ein Dialog zwischen den armenischen Institutionen über Baupraktiken, die Integration des Flussbaus in die universitären Studiengänge und die Bedeutung einer resilienteren Planung eingeleitet werden.

Die DEZA beschränkt sich nicht auf die technische Hilfe, sondern fördert auch die Verbindungen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen Behörden, Universitäten, Fachleuten und der Bevölkerung. Damit hilft sie nicht nur, Schäden der Vergangenheit zu beheben, sondern vor allem auch die Herausforderungen der Zukunft zu antizipieren.

Kontakt

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)
Eichenweg 5
3003 Bern