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MitteilungVeröffentlicht am 26. Juni 2025

Innovation an der humanitären Front: Versicherungen für Freiwillige

Das Bild der humanitären Hilfe ist geprägt von international aktiven Organisationen mit professionellem Personal. In der Realität übernimmt die einheimische Bevölkerung einen Grossteil der Soforthilfe. Diese mutigen «First Responders» retten Leben. Dabei gehen sie grosse Risiken ein. So auch in der Ukraine, wo die Schweiz ein innovatives Versicherungssystem für freiwillige «First Responders» etabliert hat.

Freiwillige in Winterkleidung tragen Sperrholzplatten bei Hilfsarbeiten im Freien. Im Hintergrund stehen Fahrzeuge und weitere Helfer.

Gemäss dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) benötigen 2025 12,7 Millionen Menschen in der Ukraine humanitäre Hilfe, der Grossteil davon in den östlichen und südlichen Regionen nahe der Front. Mehrere Millionen Personen wurden intern vertrieben. Der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser und Bildung ist durch den Krieg stark eingeschränkt. 2024 konnten humanitäre Organisationen 8,4 Millionen Menschen erreichen. Die humanitäre Unterstützung der notleidenden Bevölkerung ist ein wichtiger Bestandteil des neuen Länderprogramms Ukraine 2025–2028. Das humanitäre Portfolio der Schweiz in der Ukraine ist auf die enormen Bedürfnisse in den Bereichen Ernährungssicherheit, Schutz der Opfer und ihrer Rechte, Gesundheit, Heiz- und Energiesicherheit sowie Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH) ausgerichtet.

Humanitäre Hilfe erreicht aber nicht alle, die sie brauchen. OCHA schätzt, dass 2025 mehr als die Hälfte der Hilfsbedürftigen diese nicht erhalten werden. Lokale Nichtregierungsorganisationen und Freiwillige leisten dort enorm wichtige Arbeit, wo die Hilfe nicht ankommt. Dank ihrer Kenntnisse des lokalen Kontexts können sie effektiv und schnell ihren in Not geratenen ukrainischen Landsleuten unter die Arme greifen. In volatilen Situationen nahe der Front sind sie massgeblich an der Bereitstellung von Hilfe und Dienstleistungen beteiligt – und aufgrund rigider Sicherheitskonzepte von internationalen humanitären Organisationen sogar oft die Einzigen, die in diesen Gebieten aktiv sein können. Die Schweiz unterstützt ein innovatives Projekt, welches die Freiwilligen in der Ausübung dieses bemerkenswerten humanitären Engagements absichert.

Freiwillige verteilen warme Suppe an einem kalten Tag im Freien. Der Dampf steigt aus dem grossen Topf vor einer Backsteinwand auf.

Die Schweizer Botschaft in Kyjiw hat die «Volunteer Insurance»-Initiativen im August 2023 ins Leben gerufen. Ziel ist es, Freiwillige bei humanitären Einsätzen, in denen sie ihr Leben aufs Spiel setzen, zu versichern. Dadurch können die Freiwilligen und ihre Angehörigen auf finanzielle Unterstützung zählen, wenn ihnen etwas zustösst. Der Ansatz fördert lokale Akteure und bezieht den Privatsektor aktiv mit ein. So stellt die Schweiz ihre humanitäre Tradition unter Beweis und fördert eine wichtige Innovation im humanitären Sektor.

Die Schweiz stützt sich für das Projekt auf Partnerschaften mit zwei Organisationen – dem ukrainischen Relief Coordination Centre (RCC) und der schweizerischen Nonviolent Peaceforce (NP). Die Organisationen arbeiten separat und in unterschiedlichen Regionen. Das RCC unterstützt Freiwillige in den Regionen Charkiw, Dnipropetrowsk und in Saporischschja, während die NP Freiwillige in den Regionen Odessa, Mykolajiw und Cherson versichert.

Eine graphische Darstellung der Einsatzregionen von RCC und NP. Jene von RCC sind dunkelblau auf der Karte eingefärbt, jene von NP hellblau.

Dabei arbeiten die beiden Partnerorganisationen direkt mit Versicherungen zusammen, um Freiwillige und ihren Angehörigen im Falle eines Unfalls oder Todesfalls finanziell abzusichern. Die maximale Auszahlung entspricht in diesen Fällen 300'000 Hrywnja (umgerechnet ca. 6'000 CHF). Die Versicherung dient auch als Absicherung gegen Kriegsrisiken wie Minen, Bomben, Munition, usw., welche in den Regionen, wo die Freiwilligen aktiv sind, eine besondere Gefahr darstellen.

Wichtig für den Erfolg des Projekts ist, dass der administrative Aufwand gering und die Auszahlungsquote hoch ist. In Gebieten, wo die Infrastruktur stark beschädigt ist und kleine NGOs mit geringen Ressourcen arbeiten, sind diese mit wesentlichen Herausforderungen konfrontiert. Dennoch: Das Interesse ist gross und die Nachfrage steigt. Während der Pilotphase von August 2023 bis Mai 2024 versicherte NP 245 Freiwillige - dieses Jahr bereits mehr als 1100. Das RCC seinerseits rechnet damit, dass es bis November 2025 mehr als doppelt so viele Freiwillige wie während der Pilotphase (rund 2500) versichern wird. Dies zeigt, dass die Frewilligenorganisationen diese Dienstleistung begrüssen.

Freiwillige Helfer unterstützen eine ältere Frau mit Gehstock beim Einstieg in einen Evakuierungsbus auf einer Landstrasse.

Auch die Rückmeldungen der Freiwilligen zeugen vom positiven Einfluss der Versicherung.

Wir sind die ersten, die potenziellen Risiken ausgesetzt sind, wie zum Beispiel bei der Beseitigung von Trümmern und beim Wiederaufbau nach Raketenangriffen. Eine Versicherung ist für uns unverzichtbar.
anonyme/r ukrainische/r Freiwillige/r

Die Versicherung hat das Selbstvertrauen von Hannah, einer Freiwilligen aus Kramatorsk, wesentlich gestärkt und sie damit in ihrer Fähigkeit, effektiv Hilfe zu leisten, bestärkt.

Der Abschluss der Versicherung hat mein Selbstvertrauen bei der Freiwilligenarbeit gestärkt. Ich fühle mich weniger verletzlich.
Hannah, Freiwillige

In einer von NP durchgeführten Evaluation des Projekts gaben 80% der befragten Freiwilligen an, dass sie sich bei ihrer Arbeit sicherer und wohler fühlen. Eine von der Schweizer Botschaft in Kyjiw in Auftrag gegebene Evaluation unterstrich die grosse Dankbarkeit der Freiwilligen für die Versicherung und die Stärkung des Engagements und der Moral.

Die Schweiz leistet mit ihren «Volunteer Insurance»-Initiativen einen innovativen Beitrag zum internationalen humanitären Sektor, der aufgrund von finanziellen Kürzungen oft selbst nicht mehr alle bedürftigen Menschen erreichen kann. Die Einbindung lokaler Organisationen und der Bevölkerung vor Ort erhält durch die Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe weiter an Bedeutung. Die Projekt-Evaluation der Schweizer Botschaft schlägt vor, Versicherungen für «First Responders» systematisch als Teil von Unterstützungszahlungen an lokale NGOs zu integrieren. So können die «Volunteer Insurance»-Initiativen nicht nur anderen humanitäre Geldgebern in der Ukraine, sondern auch in anderen Konfliktgebieten als Vorbild dienen.

Dokumente

Eine Expertin und zwei Experten sprechen mit zwei Frauen in einem Hauseingang.

22. April 2025

Ukraine

Die Schweiz unterstützt die Ukraine mit humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Wiederaufbau für Frieden und nachhaltige Entwicklung.

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